Tuffsteinhöhlen – Kandovan

4 12 2011

Von Tabriz aus sind wir nach Kandovan gefahren, einem Dorf, das für seine Tuffsteinhöhlen bekannt ist. Wie mir erzählt wurde, gibt es nur zwei weitere Orte auf der Welt, in dem es Tuffsteinhöhlen gibt wie dort: einer ist Kapadokien in der Türkei, der andere liegt in den USA (keine Ahnung wo). Laut meiner nicht überprüften Quelle ist aber Kandovan der einzige Ort, in dem tatsächlich noch Menschen in den Höhlen wohnen! Wirklich erstaunlich, aber jetzt erst mal von Anfang an:

Auf dem Weg nach Kandovan kamen wir an einer Stelle vorbei, die erst vor sehr kurzer Zeit entdeckt wurde: Hier haben Menschen vor langer Zeit Höhlen in den weichen Tuffstein-Boden gegraben! Das heißt man sieht nur ein paar Löcher im Boden, aber wenn man hineingeht, findet man eine Höhe mit Zimmern und Feuerstelle, manchmal sogar zweistöckig! (war etwas schwierig zu fotografieren).

 

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Hier überfällt mich gerade ein aggressiver Höhlenmensch:

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Auf dem Foto erkennt man die zwei Etagen! Bitte nicht vergessen: das ist IM Boden!

Danach ging’s dann weiter durch die schöne Landschaft. Schnee ist ja schon schön, solange man im Warmen sitzt!!

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Dann sind wir in Kandovan angekommen, einem kleinen Dörfchen mit Schafen, Eseln und Hühnern. Die 15-jährige Tochter meiner Freundin regt sich immer auf, wenn sie meinen Reiseführer aufschlägt, weil sie findet, dass die auf den Fotos abgebildeten Iranern überhaupt nicht der Realität entsprechen (sie hat recht, die Fotos sind etwas einseitig in dem Sinne, dass sie eben die moderne Bevölkerung überhaupt nicht zeigen). Aber hier in Kandovan sahen sie wirklich so aus wie in meinem Buch!!

Da es soviel gar nicht zu sagen gibt, folgen Fotos:

Kandovan von unten – wir sind natürlich bis ganz nach oben gekraxelt! Ihr wollt nicht wissen, wie unsere Schuhe nachher aussahen, bei dem Matsch!! Smiley mit geöffnetem Mund Diese Kegel da oben sind die Tuffsteine, in denen die Leute wohnen.

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Unser Auto von einer Schafherde umringt:

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Und hoch geht’s:

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Wir durften auch in ein paar Wohnungen reinspinxen – nicht sehr komfortabel (und klein!!) und umso erstaunlicher, dass die Leute hier bleiben, um ihre Tradition zu erhalten.

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Das Baby heißt übrigens Maria, ist aber Muslimin und trägt nicht aus religiösen, sondern aus temperaturtechnischen Gründen ein Kopftuch.

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Immerhin gibt’s Strom, wie man am Fernseher (und der Energiesparlampe!!!!!) im vorigen Bild und an den Kabeln erkennen kann, die mein folgendes schönes Bild verschandeln:

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Was mich übrigens überrascht hat, ist dass hier die meisten Türkisch sprechen anstatt Farsi. Meine Freundin hat die tabrizer Region die “iranische Türkei” genannt, es wird also wohl sehr viel türkisch dort gesprochen.

Der Kopf bin ich! Man beachte die Glasfenster.

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Blick von oben in die eine Richtung:

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Und in die andere:

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Und hier bin ich mit gerade erstandenem Lavatschek (oder so ähnlich). Ich finde, das hört sich sehr russisch an, ist es aber nicht. Es sich um eine dünne, klebrige und saure Fruchtmasse, die mich nicht gerade vom Hocker haut, aber die Iraner mögen sie anscheinend sehr gern, denn sie ist fast überall zu bekommen.

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Die Schöne und die Biester, höhöhö:

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Und ein – wie ich finde – super Bild:

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PS: Stellt ihr euch “Tuffstein” eigentlich auch rosa und mit Rüschen vor? Zwinkerndes Smiley



Nachholbedarf: Tabriz

4 12 2011

Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht! Da ist es doch schon glatt zwei Wochen her, dass ich in Tabriz war! Tabriz liegt im Norden und dazu noch einigermaßen hoch, ist also kalt und so lag Schnee, als wir angekommen sind.

Die Stadt an sich ist nicht sehr spektakulär, da sie in den vergangenen Jahrhunderten von zahlreichen Erdbeben erschüttert wurde, so dass es nicht mehr allzu viel zu bestaunen gibt (alles eingekracht). Toll war es aber trotzdem und zwar wegen der Familie meiner Freundin! Der Hauptteil ihrer Familie lebt dort und aufgrund eines kürzlichen Todesfalls in der Familie (ich wünschte, es hätte einen erfreulicheren Grund gegeben) waren auch Familienmitglieder aus anderen Städten angereist. Ich habe gelernt, dass die Männer, nachdem jemand verstorben ist, sich einige Zeit nicht rasieren. Je nachdem wie nahe sie der verstorbenen Person standen, rasieren sie sich 7 oder 40 Tage nicht. Die Trauerfarbe ist – wie auch bei uns – schwarz.

Im Laufe der vier Tage, die wir in Tabriz waren, habe ich viele, viele Familienmitglieder kennengelernt, die ohne Ausnahme alle super waren! Sie haben mich sooo lieb aufgenommen! Vor allem die Tante meiner Freundin hat mich, als wir sie besucht haben, sofort abgeküsst, mich 1000 Mal willkommen geheißen und mich umarmt – sie war soooo süß!!!!!! Ich war in vielen Wohnzimmern und habe erstaunt festgestellt, dass die meisten Sitzgelegenheiten für ca. 20 Personen bieten. Warum so viele Leute Platz finden müssen, macht vielleicht das nächste Bild deutlich Zwinkerndes Smiley (das war die Nachbarwohnung):

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Bei diesen ich nenne sie mal traditionellen Wohnzimmern handelt es sich eigentlich immer um einen großen Raum (meist direkt hinter der Haustür), der mit Teppichen ausgelegt ist, so dass man auch noch auf dem Boden sitzen kann. Dazu gibt es dann noch kitschige (jingely-bingely!!) Schnörkelstühle, Sofas, Sessel und ein paar kleine Beistelltische. Überall bekommt man natürlich Tee und meistens auch Obst, wobei lustigerweise Gurken anscheinend auch zum Obst gezählt werden. Sie sind etwa halb so groß wie eine Banane und liegen mit in der Obstschale.

Am letzten Abend waren wir bei einer Tante meiner Freundin zum essen eingeladen und es war einfach toll!! Richtig traditionell, mit auf dem Boden essen, mit Tabrizer Köfte, Brot und noch mehr leckerem Essen – ein Traum!!

In Tabriz habe ich übrigens das erste Mal hausgemachten Joghurt gegessen! Mann, war der lecker!! Und in Essig eingelegten Knoblauch!! Suuuuuper, ich liebe Knoblauch! Als mir gesagt wurde, dass der Knoblauch mindestens ein Jahr eingelegt wird, man aber auch Knoblauch bekommen kann, der 40 Jahre eingelegt wurde (ist dann natürlich sehr teuer, wie bei Wein), habe ich kurz überlegt, ob ich das wirklich weiteressen möchte, aber zusammen mit dem Brot und dem Joghurt war er einfach zu gut, um weiter über sein Alter nachzudenken Smiley mit geöffnetem Mund

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Was auch noch lustig war, war der Onkel meiner Freundin, der mittlerweile pensioniert ist und plötzlich sein Deutschbuch aus der Schule aus dem Jahre 1960 herauskramte:

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Also las ich eine Weile lustige Texte über Peter Schmidt, der vor dem Kino auf Fräulein Inge wartet, über internationale Sportwettkämpfe und staunte über eine Deutschlandkarte aus dem 2. Weltkrieg, als Polen noch zu uns gehörte, die seltsamerweise in der Auflage von 1960 immer noch nicht aktualisiert worden war.

Ach ja, eine Sache hat Tabriz doch, die die Stadt besonders macht: ihr Teppichbazar. Tabriz ist eine der führenden Städte (oder die führende Stadt) in der Teppichherstellung und so findet man auf dem Bazar nicht nur die fertigen Teppiche, wie auch sonst überall, sondern alles, was mit der Teppichproduktion zu tun hat: Die Rohwolle (oder wie man es nennen will), die erst im nächsten Schritt eingefärbt wird, die Muster auf Papier, nach denen die Teppiche gewebt werden und wir konnten auch sehen, wie die Teppiche “beschnitten” werden! Da sitzt tatsächlich jemand auf dem Teppich und schnibbelt mit einer speziellen Schere die Fäden irgendwie ab! Sehr interessant. Ich habe noch vor, das Teppichmuseum in Tehran zu besuchen, vielleicht lerne ich da ja, nach welchen Kriterien und warum die Teppiche beschnitten werden und kann es euch besser erklären..

Was ich auch  noch sehr interessant fand (auch wenn es nichts mit Tabriz zu tun hat): Jeder, der im Iran ein Auto hat, bekommt vom Staat eine Benzinkarte, mit der er im Monat 60 Liter zum subventionierten Preis von 25 Cent kaufen kann. Alles, was man darüber hinaus tanken will, muss man zum regulären Preis von 45 Cent kaufen. – Na, wem soll ich ein paar Liter mitbringen?? Zwinkerndes Smiley