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13 11 2011So, hier habt ihr ganz viel zu lesen und zu kucken! Viel Spaß und liebe Grüße aus Tehran/Karaj!
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So, hier habt ihr ganz viel zu lesen und zu kucken! Viel Spaß und liebe Grüße aus Tehran/Karaj!
Die zweite Tour in die Wüste war etwas ergiebiger und einfach toll. Ich hab soooo viel gesehen!!
Als erstes ging es nach Meybod, eine sehr alte Stadt an der südlichen Seidenstraße, wie mein Reiseführer mich informiert. Mitten in der Stadt liegt eine aus Lehmziegeln erbaute Festung, die beeindruckenderweise auf das das 3. JahrTAUSEND vor Christus datiert wird und damit die älteste Lehmkonstruktion des Irans ist.
Noch beeindruckender wird es, wenn man sich die Mauern ansieht, die zum Teil aussehen, als hätte ein Kind eine Matschburg gebaut. Sobald man ein klein bisschen kratzt, kommt der Lehm runter und man fragt sich, wie diese Festung diese ganzen Jahrtausende überleben konnte ohne zu Staub zu zerfallen!!
Die Zitadelle diente der Verteidigung der Stadt und in Kriegszeiten bot sie den Einwohnern und ihren wichtigsten Habseligkeiten Schutz. Erstaunlich ist auch hier das System zur Klimatisierung der Räume: neben sehr dicken Mauern und kleinen Fenstern wurden kleine waagerechte Schächte durch die Mauern gezogen, die dafür sorgten, dass kalte Luft in die Zimmer strömte.
Hier die Sicht von oben:
Wer sich über soviel grün in der Wüste wundert: In der Nähe liegt ein Gebirgsmassiv, dessen Schmelzwässer über ein ausgedehntes unterirdisches Kanalsystem zur Bewässerung genutzt werden.
In der Nähe der Zitadelle liegt ein Eishaus, nein, kein Haus aus Eis, wir sind ja hier nicht in Dubai, sondern ein Ort, an dem früher Eis hergestellt, gelagert und verkauft wurde.
Auf dem Foto kaum zu sehen sind zwei Becken vor dem Gebäude, ca. 40 cm tief. Im Winter wurden hier jeden Tag ein paar Zentimeter Wasser aufgegossen, die dann froren. Um das Eis nachher einfacher rausbrechen zu können, wurden in regelmäßigen Abständen Stöcke in das Eis gesteckt. Das fertige Eis wurde anschließend im Gebäude in einem tiefen Loch gelagert, wo es dann einige Monate bis zum Sommer blieb. Total krass, dass es nicht geschmolzen ist! (Naja, ein kleiner Teil ist geschmolzen, aber der Hauptteil eben nicht.)
Hier ein preisverdächtiges Foto vom Loch Rechts oben steht übrigens eine Person, da sieht man die Größenverhältnisse.
Im Sommer wurde das teure Eis dann von reichen Familien gekauft, die es nutzten, um insbesondere ihr Trinkwasser zu kühlen. Dass das Eis womöglich etwas schmutzig war, weil es ja immerhin draußen hergestellt wurde, war egal, weil Wasserbehälter genutzt wurden, in denen Eis und Wasser nicht in Berührung kamen.
Nachdem ich als Proviant eine Tüte Chips mit Zitronengeschmack (wieder eine kulinarische Neuigkeit und gut!) gekauft hab, ging es dann weiter durch die wunderschöne Wüste, die mich zum Teil sehr an Chile erinnert hat *sniff*… (Wüstenbilder, Primi!!!)
Unser Tour-Auto (wir waren nur zu dritt plus Guide):
Und plötzlich, während man da so durch nichts fährt, taucht Chakchak vor einem auf, eine wichtige Pilgerstätte für die Zarathustrier:
Die Legende besagt, dass die Tochter von ich-weiß-leider-nicht-mehr-wem (einem wichtigen Zarathustrier nehme ich an) von einer Gruppe Soldaten verfolgt wurde, die sie töten oder gefangen nehmen wollten, nachdem sie das Gebiet erobert hatten oder so ähnlich. Tut mir leid, hier war ich nicht sehr aufmerksam. Das Wichtige hab ich mir aber gemerkt: Der Berg öffnete sich und nahm das Mädel in sich auf, so dass die Soldaten sie nicht kriegen konnten. Seitdem fallen von der Decke einer Art Höhle die Tränen des Mädchens herab, die unromantischerweise in Plastikwannen reintropfen, um nicht den ganzen heiligen Ort unter Wasser zu setzen:
Zu diesem tropf-tropf-Geräusch sagt man auf persisch chak-chak und deshalb heißt der Ort so
Hinter den Wannen sieht man eine Art Altar, der an der Stelle aufgestellt wurde, an der das Mädchen in den Berg verschwand. In den Behältern rechts werden Räucherstäbchen und ähnliches angezündet. Es heißt auch, das Mädchen hätte einen Wanderstock gehabt, der sich später in einen Baum verwandelt hat und heute in den heiligen Raum integriert ist (war etwas schwierig zu fotografieren..):
Hier wurde uns dann auch das Symbol der Zarathustrier erklärt:
Wie ja schon in einem anderen Eintrag geschrieben, lauten die drei Grundsätze der Zarathustrier: good words, good thoughts and good deeds. Diese werden durch die drei Reihen der Flügel symbolisiert, die wiederum verdeutlichen sollen, dass der Mensch durch die Befolgung der Grundsätze “fliegen”, also sich aufwärts bewegen kann.
Abstoßen soll er sich dabei von schlechten Worten, Gedanken und Taten, die durch die unteren drei Reihen in dieser Art Rock dargestellt werden und die durch gute Worte, Gedanken und Taten bekämpft werden sollen.
Die zwei Bänder, die an den Rock angeheftet sind, stehen ebenfalls für das Gute und das Böse. Letzteres soll man hinter sich lassen, weshalb es auf der rechten Seite abgebildet ist, während das Gute links abgebildet ist, in Blickrichtung des Mannes.
Der Mann hat einen Bart und sieht älter aus, was zeigen soll, dass der Mensch wie ein erfahrener, weiser und reifer Mann sein soll.
Die erhobene rechte Hand symbolisiert Gott oder auch den rechten Weg. Die linke Hand hält einen Ring. Dieser steht für das Einhalten von Verträgen oder Versprechen und im weitesten Sinne für Treue.
Der mittlere Teil steht zum einen dafür, dass der Mensch ein religiöses Leben führen soll, aber auch dafür, dass alles zusammen hängt und gute Taten im Endeffekt zu Gutem führen, während schlechte Taten Schlechtes nach sich ziehen.
Sehr interessant all das, wie ich fand, denn solange es einem keiner erklärt, blickt man ja einfach nur auf einen Mann mit Flügeln und versteht gar nicht, was das soll. Oder zumindest ging es mir so..
Die Aussicht von dort oben (sowohl von diesem heiligen Raum als auch von der “Terrasse”) war fantastisch:
Weiter ging es dann nach Kharanagh, einem kleinen Lehmdorf, deren Einwohner vor einiger Zeit in eine nahe gelegene kleine Stadt umgesiedelt wurden, weil es sehr schwierig war, das Lehmdorf mit Strom und Wasser zu versorgen. Heute haben manche Leute noch ihre Granatäpfel-Gärten (die Granatäpfel werden in die großen Städte verkauft) und ein paar Ziegen in Kharanagh. Das Dorf und die Farben der es umgebenden Landschaft waren einfach wunder-wunderschön und wir waren die einzigen Besucher dort. Wie an vielen, vielen Orten im Iran werden in Kharanagh umfassende Restaurierungsarbeiten durchgeführt, so dass ich denke, dass sich das Dörfchen früher oder später in einen Ort verwandeln wird, in dem sich die Touris gegenseitig auf die Füße treten. Um so froher war ich, jetzt dazu sein und die Stille und Atmosphäre genießen zu können!!
Mir wurde übrigens gesagt, dass Kharanagh Bam ähnelt, dieser uralten Lehmstadt im Süden Irans, die traurigerweise vor einigen Jahren durch ein Erdbeben komplett zerstört wurde. Der Unterschied liegt wohl vor allem darin, dass es in Bam auch eine Zitadelle und weitere staatliche Gebäude gab, während Kharanagh ausschließlich Wohnstätten aufweist.
So, genug gequatscht, hier die Bilder:
Diese Farben!!
Und diese nette Frau hat jedem von uns einen Granatapfel aus ihrem Garten geschenkt (das sind Granatapfel-Bäume):
Ich – mal wieder mit einem Granatapfel in der Hand, haha!
….und happy in the sunshine :
Damit war die Tour eigentlich beendet, aber meine zwei Begleiter und ich hatten noch Energie und haben uns aufgemacht zu den sogenannten Türmen des Schweigens, wieder ein Ort, der mit den Zarathustriern zusammenhängt. Die Zarathustrier glaubten nämlich, dass die Beisetzung von Toten in der Erde diese und das Grundwasser verunreinigt (zwei der vier heiligen Elemente). Daher barten sie ihre Toten auf diesen hoch gelegenen Türmen auf, damit Geier und andere Aasfresser das Fleisch abweideten. Die übrig gebliebenen Knochen wurden dann in speziellen Totenkisten beigesetzt.
Noch während der Shah-Zeit wurde dieser Brauch aber verboten, so dass die Türme seit Mitte der 60er Jahre nicht mehr benutzt werden. Erstaunt (und zugegebenermaßen ein bisschen sauer) war ich darüber, dass es zwei Türme gibt: Den hohen für die Männer, den niedrigeren für die Frauen – wie sollte es anders sein… argh.
Oben gab es eigentlich nicht viel zu sehen, aber das rauf kraxeln war sehr spannend!!!! Zum Glück bin ich hoch und runter gekommen, ohne mir die Haxen (oder das Genick) zu brechen..
Die zwei Pünktchen da rechts sind Menschen:
Und hier stiefle ich todesmutig am gefährlichen Abhang entlang :
Oben angekommen:
Wie gesagt nicht sehr spektakulär, aber dafür war die Aussicht schön:
Hier der Turm für die Frauen:
Und ich: Da oben war ich!!!!
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