Chiang Mai – Elephant Nature Park

9 08 2012

Thailand ist ein Elefanten-Land. Außer, man entscheidet sich bewusst dafür, kommt man als Touri kaum drum rum, einmal auf einem Elefanten zu sitzen. Bucht man eine Trekkingtour ist eigentlich immer ein Elefantenritt inklusive, außerdem gibt es Angebote, in denen man mit den Mahouds (den Elefanten”hütern”) diese wunderbaren Tiere “trainieren” kann. Jeder Reiseführer weist auf die Möglichkeiten hin, auf diese Art mit Elefanten in Kontakt zu kommen, jedes Touri-Büro wirbt damit. Es gibt wohl auch Veranstaltungen, in denen Elefanten Fußball spielen und mit ihrem Rüssel den Pinsel schwingen, um Bilder für die zahlenden Touris und Thais zu malen, allerdings habe ich nur davon gehört, sie sind mir bisher noch nicht begegnet. Viele denken wohl nicht darüber nach, was hinter dieser ganzen Sache steht. Beschäftigt man sich jedoch damit, stehen einem die Haare jedes Mal zu Berge, wenn man eine Werbeplakat sieht oder mitbekommt, wie andere Reisende die entsprechenden Angebote buchen.

Die volle Dröhnung Info und damit verbundener Traurigkeit kriegt man im Elephant Nature Park nahe Chiang Mai, einer Art Auffangstation für misshandelte Elefanten. Es ist das einzige Projekt dieser Art in Thailand, in dem eine beeindruckende Frau seit ich glaube zwanzig Jahren Elefanten kauft, um ihnen auf ihrem weitläufigen Land ein angenehmes und möglichst natürliches Leben zu ermöglichen. Sie finanziert sich über Spenden sowie die Einkünfte aus den mit fast 65€ ziemlichen teuren Tagestouren. Darüber hinaus kommen zahlreiche Freiwillige hierher, die – gegen Bares – bei der Pflege der Elefanten helfen. Ist man aber erst mal da, merkt man, dass jeder Cent für die Tour gut investiertes Geld ist: Nicht nur die Elefanten müssen gekauft werden, sondern auch das Land, auf dem sie leben. Dazu die Unmengen Futter, die die Elefanten täglich verdrücken. Hier ein Teil der Tagesration für die 33 Bewohner des Parks (ich sagte TAGESration):

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Traditionell werden die Elefanten in Thailand – ebenso wie in anderen Ländern, z.B. Indien – mit Gewalt “trainiert”. Die Mahouds arbeiten in den seltesten Fällen mit Belohnungen für Erlerntes, sondern mit Gewalt und Strafen. In einem wirklich grausamen Film wurde uns gezeigt, wie der Wille der Elefanten gebrochen wird, bevor sie “trainierbar” werden. Tagelang werden die sanftmütigen Dickhäuter in eine Art Käfig gesperrt, in der sie keinen Schritt vor, noch zurück können, festgekettet sind und Tag und Nacht misshandelt werden. Geschlagen, mit Metallhaken traktiert, verbrannt. Sie werden nicht gefüttert und erhalten kein Wasser. Die männlichen Tiere müssen zumeist sechs bis sieben Tage unter dieser Folter verbringen, die weiblichen drei bis vier. Hält man den Moment für gekommen, versuchen mehrere Männer das Tier, dessen Füße in Ketten gelegt sind, dahin zu bewegen, wo sie es haben wollen. Das verzweifelte Brüllen der unschuldigen, misshandelten Wesen ist herzzerreißend.

Der Punkt ist also: wenn man als Touri auf einem Elefanten reiten will, reicht es nicht, wenn man zu der Einsicht kommt, dass der Mahoud seinen Metallhaken – das tägliche Handwerkszeug eines normalen Mahoud – so gut wie nicht einsetzt. Das Schlimmste liegt zu diesem Zeitpunkt längst hinter dem Elefanten und ist nicht sichtbar.

Im Übrigen erzählte mir jemand von einer Trekkingtour mit Elefantenritt. Die Elefanten hatten alle Metallketten um die Füße. Um die Tour perfekt zu machen, wurde von jedem ein Foto auf dem Elefanten gemacht, das man später kaufen konnte. Und: auf den Bildern waren die Ketten retuschiert. Krass.

Jeder der 33 Elefanten, die im Elephant Nature Park leben, hat sein eigenes Schicksal. Die folgenden Fotos und drei Geschichten zeigen die unterschiedlichen Facetten der Misshandlung. Danach kriegt ihr die schöne Seite des Parks zu sehen…

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Ihre unnatürliche Haltung und ihr hinkender Gang sind einer gebrochenen Hüfte geschuldet. Sie sollte gedeckt werden und wurde zu diesem Zweck so eingezwängt, dass sie sich nicht bewegen und somit wehren konnte. Als der Bulle dann auf sie drauf sprang, konnte sie ihre Position nicht verändern und ihre Hüfte brach.

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Dieser Elefant wurde bei illegalen Waldrodungen im Grenzgebiet zu Myanmar eingesetzt. Die Gegend ist vermint, der Elefant trat auf eine Mine. Er ist nicht der Einzige, der für die harte Waldarbeit eingesetzt wurde und unsere Betreuerin berichtete, dass manche der Elefanten auch heute noch manchmal am Boden liegende Baumstämme mit ihren Rüsseln bewegen.

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Die Geschichte dieser Elefantendame ist besonders traurig: Sie verlor ihr Neugeborenes und verfiel in eine Depression, in deren Folge sie sich weigerte, zu arbeiten. Ihr Mahoud traktierte ihr Auge mit Steinen, bis sie es verlor, aber auch das konnte sie nicht zur Weiterarbeit bewegen. Daraufhin wiederholte der Mahoud sein Verfahren mit dem anderen Auge und nun ist sie vollkommen blind. Dieser fürchterlichen Geschichte steht das nahezu unglaubliche soziale Verhalten der Elefanten gegenüber: Ein anderer Elefant der Herde, deren Namen ich vergessen habe, ist immer in ihrer Nähe und verlässt sie niemals. Unsere Betreuerin erzählte von einem Mal, als die Elefanten am Fluss waren und sich die Elefantendame und ihr Freund aus irgendeinem Grund etwas voneinander entfernt hatten. Sie stieß einen Schrei aus und ihr Freund kam herbei galoppiert. Ich fand es beeindruckend von dieser Art der Treue und des Beistands zu erfahren. Man sagt ja immer, dass Elefanten über eine hohe soziale Intelligenz verfügen, aber es so zu sehen, ist doch sehr bewegend.

Und jetzt weiter mit dem schönen Teil: So nah bei diesen faszinierenden und wunderbaren Tieren zu sein war ein unvergessliches Erlebnis! Es ist unglaublich, was für eine Sanftheit diese Riesen ausstrahlen und noch unglaublicher, wie leise sie sich fortbewegen!

Mit einem Teil der Elefanten durften wir “baden”, was eigentlich kein wirkliches Baden, sondern eher ein “den Elefant mit Wasser bewerfen” war, hehe… Viele Elefanten, viele Besucher:

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Mal wieder happy und dankbar, so etwas Tolles erleben zu dürfen:

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Meine Gruppe hatte sogar Glück und wir durften nachher nochmal mit den Elefanten zum Fluss runter, als die Sonne endlich hervorkam und die anderen Besucher mit irgendwas anderem beschäftigt waren:

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Wer schön aufgepasst hat weiß, dass das nicht die gesamte Herde ist. Die restlichen Tiere wurden ohne uns zum Wasser geführt, da ein Jungtier von drei Jahren dabei war, was zu unerwünschten Zwischenfällen führen kann, wenn ein Elefant das Gefühl hat, dass das “Baby” in Gefahr ist. Auf dieser Brücke zu stehen und die Gruppe Elefanten gemächlich und majestätisch auf uns zukommen zu sehen, war einer der bewegendsten Momente. Hin und wieder ist es beim Reisen so, dass ich etwas sehe oder erlebe, was mir im positiven Sinne die Tränen in die Augen treibt. Das hier war so eine Situation:

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Ein weiteres Foto-Highlight ist das hier – mein absolutes Lieblingsbild!!!! Ich muss wohl nicht erklären, wieso:

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Mampf… noch was im Korb??

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Gemütliches Beisammensein – da kann man schon mal entspannt die Beine übereinander schlagen:

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Ein Mahoud, der seinen Elefanten lieb hat:

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Wahrscheinlich ebenfalls einzigartig an diesem Park ist die Tatsache, dass die Elefanten sich ihre Mahouds aussuchen und nicht umgekehrt (jeder Elefant hat seinen eigenen Mahoud). Die Parkleitung trifft natürlich eine Vorauswahl, aber dann ist es der Elefant, der entscheidet. Akzeptiert er den Mahoud, darf er bleiben. Die Mahouds hier kommen zum Teil aus traditionellen Mahoudfamilien, die schon seit Generationen mit Elefanten arbeiten. Andere kommen aus anderen Bereichen. Alle durchlaufen anfangs ein Training, in dem sie lernen, auf positive Art mit den Elefanten umzugehen, mit Belohnungen zu arbeiten (die Taschen der Mahouds sind voller Bananen) usw.

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Du bist toll!

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Ich möchte kurz anmerken, dass ich nicht so dick geworden bin, sondern meine Fototasche in meiner Hosentasche trage Zwinkerndes Smiley

Wasserzufuhr vom Schlauch in den Rüssel:

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Und zum Abschluss noch ein Foto meiner Khemy, dessen Freundschaft ich schließlich auch dem Elephant Nature Park verdanke, weil ich sie nämlich sonst nicht getroffen hätte:

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Übrigens war Khemy die einzige thailändische Besucherin, denn abgesehen davon, dass die Eintrittspreise für Thais so gut wie nicht zu bezahlen sind, haben viele Thailänder Angst vor diesen großen Tieren und bevorzugen darüber hinaus leider eher die Shows, in denen die Elefanten Fußball spielen und Bilder malen. Es sind also nicht nur die Touris, die das Leid fördern….

Im Übrigen habe ich gehört, dass die Regierung – die sonst recht gut zu sein scheint – die Arbeit des Parks nicht befürwortet. Immerhin sind die Elefanten ein wichtiger Stützpfeiler in der Tourismusindustrie und lassen gut die Kassen klingeln. Da ist das Interesse an Aufklärung nicht allzu groß… Willkommen zurück in der Realität…. Wobei ich sagen muss, dass ich das nicht verstehe, denn man könnte ja einfach auf Öko-Tourismus umsteigen, aber naja… Es war jedenfalls ein toller Tag, teils traurig, teils faszinierend. Elefanten sind einfach wundervolle Tiere.



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2 Antworten zu “Chiang Mai – Elephant Nature Park”

  • norma sagt:

    ufff Bella, ein beeindruckenden Artikel. Noch einmal zeigst du uns Hintergründe von Sachen, die wir nicht mal erahnen. Danke dafür.

  • Bella sagt:

    Hola tía, sehr gerne geschehen, ich freue mich, dass du ihn gelesen hast. Am besten bei Gelegenheit mal weitererzählen, denn die wenigsten, die nach Thailand kommen, machen sich wohl Gedanken dazu. Leider…

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